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Freitagspost: Schaust du noch hin?

11. November 2016
Die Welle gibt unserem Leben Bedeutung.
 
 
Die endlose Welle
Eines meiner Lieblingsbücher war und ist immer noch Die Welle. Wer es nicht gelesen hat, sollte sich zumindest mal den Film anschauen. Denn da wird aus einem Schulexperiment eine bittere Realität. Viele der Schüler konnten nicht mehr nachvollziehen, wie so etwas wie der Holocaust entstehen konnte. Also hat der Lehrer ein Experiment ins Leben gerufen. Mit vollem Erfolg. Es gelang ihm, die Schüler nach den gleichen Mustern des Nationalsozialismus so zu mobilisieren, dass sie sogar gewalttätig gegenüber denen wurden, die sich nicht der Welle anschlossen. Ja, ja, ihr wärt alle gute Nazis gewesen.
 
Es geht mir schon mein ganzes Leben lang so, dass ich mich oft frage, wie er oder sie wohl handeln würde, wenn wir in dieser Situation wären. Wenn wir uns entscheiden müssten – zwischen der Gemeinschaft, dem “Dazu gehören” und dem, ein guter Mensch zu sein.
 
Wenn das alle sagen, wird es wohl so sein
Wenn alle behaupten, Donald Trump ist die beste Wahl für Amerika, dann wird es wohl so sein. Hört sich schwachsinnig an? Ist es auch. Natürlich kann ein Rassist und ein Frauenverachter, der eine Mauer bauen will, niemals die bessere Wahl sein, das ist völlig unmöglich.
Doch habt ihr euch schon mal dabei ertappt, wie sicher ihr euch fühlt, wenn jeder eurer Meinung ist? Es ist so leicht. Da schwingt einer große Reden, verspricht viel und jeder horcht auf. So ähnlich kann man einen Shitstorm im Internet anzetteln. Da muss einer den richtigen Nerv treffen, die Tatsachen gekonnt verdrehen und ein paar Leute mobilisieren. Denn sobald es im Laufen ist, schaut keiner mehr genau hin, dann will jeder mitmachen, dazu gehören und gemeinsam in der Gruppe stark sein.
 
Wir fühlen uns sicher, wenn wir in der Überzahl sind. Wenn wir eine Masse mobilisieren können. 
 
 
Wenn ich die Meinungen höre,
 
dann könnte ich glauben, 98 Prozent haben für sie gestimmt. Doch tatsächlich ist es nicht so. In der Realität stimmen sie lieber für ihn und auch wem es jetzt noch nicht so ganz klar ist, wir werden alle diese Folgen tragen. Die Folgen, die eine Generation der Eitelkeit verursacht hat, die verlernt hat, hinzuschauen.
Hören wir noch zu? Schauen wir noch hin? 
 
Sehen wir noch das, was vor unseren Augen ist? Oder reicht ein flüchtiges Blinzeln aus, ein kurzes Gefühl, um unsere Meinung zu bilden? Wir scrollen Tag für Tag durch unsere Smartphones, klicken wahllos ein Like an und im Überfluss der Informationen bleibt nur ein Gefühl hängen. Ein Gefühl der Rastlosigkeit, der Unruhe.
Wir halten uns fest an Oberflächlichkeiten. Reden über Tatsachen und Meinungen, als hätten wir eine Ahnung davon was wir tun. Die Generation der Eitelkeiten, der Oberflächlichkeiten.
Keiner liest meine Texte, jedenfalls nicht wirklich, doch jeder hat eine Meinung dazu, wenn es drauf ankommt. Eine festgefertigte Meinung, geformt durch die Allgemeinheit, nebensächlich, was eigentlich da steht oder wer es warum geschrieben hat.
Wir werden alle die Fehler ausbaden müssen, die eine Generation verursacht, der nur noch die allgemeine Meinung wichtig ist und das “Like” des anderen. Macht die Augen auf. 
Top: Forever 21
Skirt: Bershka
Bag*: mister*lady
Boots: Deichmann
Socks*: Oroblu

Pictures by Christine

 

 

 

 

 

 

 

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7 Kommentare

  • Antworten MyOwnMemento 11. November 2016 um 10:35

    Dein Text bringt zum Nachdenken. Und die Bilder sind toll – vorallem mit den Farbnebeln!

  • Antworten Ivy & Ella 11. November 2016 um 11:57

    Ich finde die Bilder super gelungen! 🙂 Sehr schön!
    Und Dein Text ist auch toll… dieses Gefühl von Unruhe und Rastlosigkeit ist wirklich ein Phänomen unserer Generation…

    Liebe Grüße
    Ivy

    http://www.ivyandella.com

  • Antworten Lovely Bees 11. November 2016 um 14:48

    Die Bilder mit den Farbnebel sind auch echt toll! 🙂
    Ein sehr interessanter Post. Dazu kommt noch das wir in einer Überflussgesellschaft leben, wenn das einzige Problem die Anzahl der Likes ist, wenn woanders auf der Welt Menschen flüchten und hungern müssen…

    Liebe Grüße
    Maren

    http://www.lovelybees.net

  • Antworten Saskia von The S Signature 11. November 2016 um 17:28

    Ein wichtiger Text!

  • Antworten Casey Folchard 11. November 2016 um 23:22

    Hey!
    Zuerst das Nebensächlichste: Die Bilder sind wirklich großartig, ein echt cooles Shootingergebnis. Daumen hoch und Respekt für euch beide!
    Umd zu Trump: Ich bin es gewohnt (!) in irgendeiner Form diskriminiert zu werden, sei es für meine Ernährungsweise, meine Sexualität, mein Geschlecht, meine offene, direkte Art – ich mache mir schon gar keine (tiefer gehenden) Gedanken über Aussagen wie die, die Trump während des Wahlkampfs getätigt hat. Ich war nicht überrascht, nicht geschockt vom Wahlergebnis. Selbst wenn mir durchaus bewusst ist, dass es nicht nur Auswirkungen auf die USA hat.
    Aber in Wahrheit ist es doch so, dass ein Großteil der Amerikaner Wert auf eine florierende Wirtschaft legt, nicht auf Sozialleistungen und Toleranz. Nach zwei Amtszeiten, die Amerika "alternativ" gewählt hattte, war das Ergebnis…vorhersehbar. Das eine hat nichts gebracht, versuchen wir es anders rum, hoffentlich hilft es der Wirtschaft und wir werden reich.

    Klingt hart, aber so ist es.

    Ich persönlich hoffe nur, dass die Entscheidung zwischen zwei derart konträren Parteien nicht in Österreich ähnlich ausgehen wird. Es ist nämlich so oder so kein schönes Gefühl diskriminiert, ausgegrenzt ud gesondert behandelt zu werden.

    Auf alle Fälle ein toller Artikel!

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende wünsche ich dir,
    Casey

  • Antworten Juliane Ivory W. 13. November 2016 um 19:52

    Sehr schöne Bilder, der Effekt sieht wirklich toll aus!
    Guter Blogpost, regt zum nachdenken an. Wir schließen oft die Augen und laufen der breiten Masse hinterher, weil wir nicht aus ihr heraus stechen wollen.

    Komischerweise habe ich bisher nur negative Reaktionen bzgl. Trump gesehen und davon gelesen, dass Trump der Untergang sei. Da habe ich mich gefragt, wieso er dann bitte die Wahl gewonnen hat, wenn alle ihn so furchtbar finden. Wo sind die, die für ihn waren? Ich kann es nicht wirklich nachvollziehen, aber jetzt ist es eben so.
    Da fällt mir direkt wieder das Lied von den Ärzten ein:"Die, die dich verarschen, die hast du selbst gewählt!"

    Liebste Grüße,
    Jane von Shades of Ivory

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